Eishockey-Youngster Bedard:Tore schießen, bis der Arzt kommt

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Tempo, Technik, Tore: Connor Bedard zeigt in Prag sein Können. (Foto: Petr David Josek/AP)

Der Kanadier Connor Bedard gilt als größtes Eishockey-Talent seiner Generation. Bei der WM in Tschechien deutet der 18-Jährige sein enormes Potenzial an. Wayne Gretzky zählt bereits zu seinen Bewunderern - ein anderer Prominenter eher nicht.

Von Johannes Schnitzler

Natürlich gibt es auch dazu im Netz längst ein Meme. Es zeigt den Schauspieler Zach Braff, 49, in jungen Jahren als Star der populären Ärzteserie "Scrubs", die zwischen 2001 und 2010 auf NBC lief, und den Eishockeyspieler Connor Bedard, 18, der in sehr jungen Jahren bereits ein Star in der Profiliga NHL ist. Darunter steht: "Good to see Zach Braff is still getting work after Scrubs."

Man könnte durchaus auf die Idee kommen, dass Braff nach dem Ende der Serie nun einen Eishockeyspieler darstellt: Die Ähnlichkeit der beiden liegt altersbereinigt bei circa 98,9 Prozent. 99 Prozent zu schreiben wäre verboten, denn die Zahl 99 ist in Kanada einzig und allein dem Eishockeyheiligen Wayne Gretzky vorbehalten, niemand würde ernsthaft wagen, sich an ihr zu vergreifen; bei den Edmonton Oilers, mit denen Gretzky viermal den Stanley Cup gewann, und im kanadischen Nationalteam ist sie für alle Zeiten tabu. Umso bemerkenswerter ist, dass dieser Connor Bedard mit der Rückennummer 98 spielt, sowohl im Klub als auch in der Nationalmannschaft, die gerade in Prag ihren WM-Titel zu verteidigen versucht. Die 98 ist verdammt nah an der 99.

Botschaft eins: Der traut sich was.

Höchstes Lob kommt von Gretzky: "Ich hätte das nicht gekonnt", sagt "The Great One"

In der Tat traut sich der Mittelstürmer aus Vancouver so einiges. Im Dezember erzielte der NHL-Neuling im Spiel gegen die St. Louis Blues ein "Michigan Goal", einen Treffer, bei dem der Schütze hinter dem Tor stehend den Puck auf seine Schlägerschaufel lädt und ihn im Lacrosse-Stil ins Tor schleudert. Eine technische Höchstschwierigkeit. Prompt zollte ein unumstrittener Experte seinen höchsten Respekt: Kein Geringerer als Wayne Gretzky selbst war verblüfft von der Chuzpe und von der Fertigkeit des Teenagers. "Ich hätte das nicht gekonnt", sagte The Great One. "Vielleicht ist er sogar noch besser, als wir bisher dachten."

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Seine Technik, sein Tempo, seine Tore: Seit Jahren eilt Bedard der Ruf als "generational talent" voraus. Nur die Besten taugen als Referenzgrößen, um das Phänomen zu beschreiben. Nachdem er 2023 bei der U-20-WM mit Kanada zum zweiten Mal Gold gewonnen und dabei mit neun Toren und 14 Vorlagen den Allzeit-Rekord des auch nicht ganz unbegabten Eric Lindros gelöscht hatte, galt Bedard für die im Sommer folgende Talenteziehung als klare Nummer eins. Als der Spieler, der als Erster seines Jahrgangs von einem NHL-Team gedraftet wird. Und die Chicago Blackhawks, das Team des deutschen Nationalspielers Lukas Reichel, ließen sich die Chance nicht entgehen.

Zum Vergleich, was von einem solchen "First Overall" zu erwarten ist (und erwartet wird): Sidney Crosby war 2005 die Nummer eins im Draft. Heute ist "Sid the Kid" 36 Jahre alt und Mitglied im exklusiven Triple Gold Club von weltweit 30 Spielern, die sowohl Gold bei Olympia und Weltmeisterschaft als auch den Stanley Cup gewonnen haben. Oder Patrick Kane (2007): dreimaliger NHL-Champion mit Chicago. Oder, natürlich Connor McDavid (2015), Teamkollege von Leon Draisaitl in Edmonton: Weltmeister 2016 und für viele der zurzeit beste Spieler der Welt.

Nur einen Monat nach seinem Kieferbruch spielt Bedard wieder in der NHL

Ob Bedard den Vergleichen standhalten kann? Nach seinem NHL-Debüt im Oktober 2023 wurde er im November und Dezember jeweils zum Neuling des Monats gewählt, ebenso im März 2024. Dreimal "Rookie of the month": Das war vor Bedard nur dem Finnen Teemu Selänne gelungen - und McDavid. Vermutlich wäre Bedard auch im Januar und Februar gewählt worden, wenn er sich nicht am 5. Januar gegen die New Jersey Devils einen Kieferbruch zugezogen hätte. Prognostizierte Ausfallzeit: zwei Monate. Tatsächlich kehrte Bedard schon am 15. Februar gegen Pittsburgh zurück und hatte bei der 1:4-Niederlage (zwei Tore von Sidney Crosby) die meiste Eiszeit aller Stürmer.

Botschaft zwei: Einstecken kann er also auch.

Wenn es einen Zweifel an der Steilheit von Bedards Karriere geben sollte, dann, weil er mit 1,78 Meter für einen Großen relativ klein ist. Und weil sein Defensivverhalten, nun ja, verbesserungswürdig ist. Auch deshalb schickte ihn der Verband Hockey Canada nach Prag. Im internationalen Vergleich kann selbst ein Ausnahmespieler wie Bedard noch etwas lernen. Oder? Nach zwei Spieltagen führt der WM-Novize die Scorerliste an. Sowohl beim 4:2 gegen Großbritannien als auch beim 5:1 gegen Dänemark gelangen ihm je zwei Treffer, dazu eine Vorlage. Verkürzt könnte man sagen: Solange er gesund ist, schießt Bedard Tore.

Vor einem bestimmten Onkel Doktor sollte er sich allerdings besonders in Acht nehmen. Zach Braff, der TV-Arzt, geboren in South Orange/New Jersey, ist ein großer Fan der New Jersey Devils.

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